Donnerstag, 11. Juni 2015

Vietnamkrieg - 40 Jahre danach

In Ho Chi Minh City angekommen, habe ich mir vorgenommen mehr über den Vietnamkrieg zu lernen und herauszufinden was heute vom Krieg noch zu sehen ist. Zuerst einmal ist Ho Chi Minh City (Saigon) als wirtschaftliches Zentrum Vietnams eine hochmoderne Großstadt voller Hochhäuser, großer Hotels und teurer Geschäfte. Man zeigt sich gerne selbstbewusst und stolz, genau wie ich es schon im Süden erlebt habe, als wirtschaftlich starkes und boomendes Land. Ins Auge fallen einem bei der Ankunft die vielen Plakate und Banner zum 40-jährigen Jubiläum der Wiedervereinigung. An jeder Straßenecke begegnet einem das Gesicht Ho Chi Minh's, neben sozialistischen Parolen zu den Feierlichkeiten. Wie kapitalistisch dieser Sozialismus jedoch ist, wird allerdings auch deutlich, denn das Einzige, was noch größer beworben wird als der gelbe Stern Vietnams, ist der rote Stern von Heineken.
Um etwas  zum Krieg zu lernen habe ich mich ins "War Memorial Museum" begeben und mir eine sehr vietnamesische Sichtweise auf den Krieg angeschaut. Auch wenn das Museum selbstverständlich eine klare Richtung vorgibt kann ich den Besuch sehr empfehlen, denn es wird auf drei Etagen die Geschichte Vietnams vom Ende der Kolonialzeit Frankreichs bis zum Abzug der Amerikaner 1975 sehr gut erklärt. Mit teilweise heftigen Bildern wird auf die Kriegsverbrechen der Amerikaner eingegangen. Besonders geschockt hat mich der Bereich zu dem massiven Einsatz von chemischen Waffen wie z.B. Agent Orange, doch darauf möchte ich später nochmal eingehen. Im untersten Stockwerk sieht man Bilder der Demonstrationen in aller Welt gegen den Vietnamkrieg. Eine ganze Wand ist Propagandaplakaten aus der DDR gewidmet, womit man die Bürger aufgefordert hat Geld für das "heldenhaft kämpfende vietnamesiche Volk" zu spenden. Im Außenbereich kann man sich dann einiges zurückgelassenes Kriegsgerät sowie ein nachgebautes Gefängnis anschauen.
Eine weitere Touristenattraktion zum Krieg sind die etwa 70km nördlich von Ho Chi Minh City gelegenen Tunnel von Cu Chi. Hier hat sich der "Vietcong" in ca. 20 Jahren ein über 200km langes Tunnelsystem in 3 Etagen mit Lazaretten, Unterkünften, Vorrats- und Wohnräumen gebaut. Dieses Tunnelsystem gab den nordvietnamesischen Kämpfern einen entscheidenen Vorteil und die Möglichkeit, die kriegsentscheidende Ted-Offensive, in der Saigon und kurzzeitig sogar die amerikanische Botschaft in Saigon erobert wurden, zu planen und durchzuführen. Die Tunnel wurden in bis zu 15m Tiefe gebaut, sodass sie sogar dem schweren Bombardement standhalten konnten. Man versuchte die Tunnel zu fluten, mit Giftgas und sogar Hunden anzugreifen, jedoch alles ohne Erfolg. Schließlich setzten die Amerikaner Spezialkommandos, sogenannte "Tunnelratten" ein, von denen aber kaum einer lebend wieder aus den Tunneln herauskam.
Wie diese Kriegsführung funktioniert hat, ist heute sehr gut für Touristen hergerichtet und wird als Tagestour von Ho Chi Minh aus angeboten. Ich fuhr auf meinem Moped nach Cu Chi und bekam eine Führung gemeinsam mit einer Familie aus Malaysia. Zuerst schauten wir uns einen Film über die "American Killer Heroes" an und auf welch schreckliche Art und Weise die bösen Amerikaner das schöne und friedliche Cu Chi verwüstet haben. Danach führte uns ein Guide durch den Dschungel und fordert uns auf einen Eingang zu suchen. Dank etwas Erfahrung (HWPL Porta) war das versteckte Loch im Boden schnell gefunden, doch weil ich so schnell war, durfte ich als Tunnelratte vor... "just take the second tunnel to the left" und so kroch ich mit meinem Handy als Lichtquelle durch den engen Tunnel. Was wenn ich den zweiten Tunnel links verpasse?? ....über 200km Tunnelsystem voller Fallen?? Auf der anderen Seite erwartete mich dann aber die malaysische Familie mit Applaus. Natürlich gab es noch einen weiteren Tunnel, der auf das Maß eines durchschnittlichen amerikanischen Touristen vergrößert wurde, und am Ende typisches Essen der Menschen in Kriegszeiten (eine kartoffelähnliche, gekochte Wurzel). Im Souvenirshop werden unter anderem Granatsplitter und Patronen als Schlüsselanhäger angeboten. Ein bisschen witzig, den amerikanischen Touristen ihren Kriegsschrott überteuert wieder zurückzuverkaufen...... :P
Für Alle, die noch nicht genug haben, gibt es noch einen Schießplatz wo man die verschiedenen Waffen gegen ein paar US$ selber ausprobieren kann. Irgendwie überkam mich die idiotische Idee und ich kaufte ein paar Schuss AK-47. Kurz ist mir mulmig geworden und ich musste an den Film "Amerikan Killer Hero"denken, als der kleine Vietnamese mit der geladenen AK in der Hand vor mir stand und mich fragte: "Are you from Amerika?" Wie oft er wohl schon den Propagandafilm gesehen hat....täglich 15 mal??.... Als ich sagte "Germany" drückte er mir dann doch die Knarre in die Hand. :P

Als ich auf dem Rückweg in einem kleinen Restaurant vor dem Monsunregen Schutz suchte, beobachtete ich zwei Kinder beim "Krieg" spielen und mir kamen die Bilder aus dem Museum von Soldaten, die selber fast noch Kinder waren und sich stolz vor Leichen fotografieren ließen, wieder hoch. Wie ist es möglich, dass ein so sinnloser Krieg normale Menschen zu Mördern macht? Wie können Menschen sich gegenseitig so schreckliche Dinge antun? Sich zerfleischen und quälen und am Ende noch stolz drauf sein?
Man kann sich darüber streiten ob in den Regionen von Vietnam, wo die Amerikaner chemische Waffen eingestezt haben, heute noch Folgen zu sehen sind. Diese Folgen werden von gewissen Seiten gerne geleugnet, ich finde allerdings, dass es schwer ist die vielen behinderten Menschen zu übersehen, die hier zahlenmäßig wesentlich häufiger als in anderen Teilen der Welt, zu sehen sind. Es ist ein Fakt, dass Dioxine, die eingesetzt wurden um Wälder zu entlauben und Ernten zu vernichten, auch in sehr geringen Mengen zu Krebs führen und Schäden im Erbgut verursachen. Das hat unter anderem zur Folge, dass Kinder von Betroffenen mit schweren körperlichen und geistigen Behinderungen geboren werden.
Krieg ist schrecklich und man verdrängt gerne wie allgegenwärtig Krieg auf dieser Welt ist! Bisher sind mir auf meiner Reise in jeder Region, fast sogar in jedem Land, Konflikte und Krisen begegnet, die noch nicht lange her sind oder immer noch ausgetragen werden, ohne dass wir im Westen all zu viel Notiz davon nehmen.

Saigon bei Nacht
Propagandaplakate aus der DDR
Amerikanisches Kriegsgerät....


Russische Mig-21 der Nordvietnamesichen Armee



In den Tunneln


ja jaa ....ich nehme ja sonst keine Waffen in die Hand.... 

..viel zu viele Namen... ca. 44000 gefallene Vietnamesen allein aus cu chi.
..er übt auch schonmal...

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